Sechs Faktoren für ein robustes Unternehmen
Der Begriff des „schwarzen Schwans“ steht für ein unvorhergesehenes bzw. unerwartetes Ereignis. Diese Ereignisse haben die Tendenz gesicherte Erkenntnisse „von einem Moment auf den anderen“ zu zerstören. Zurück bleibt die Ungewissheit und die Überforderung im Umgang mit der neuen Situation.
Das Bildnis des „schwarzen Schwans“ geht zurück auf die „gesicherte“ Erkenntnis dass Schwäne weiß sind. Tatsächlich waren schwarze Schwäne in Europa bis zur ersten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts unbekannt. Es galt also als gesichert, dass es sich um eine durch und durch weiße Vogelart handelt. Jeder zusätzliche gesichtete weiße Schwan zementierte dieser Erkenntnis zu unumstößlicher Gewissheit. Diese Gewissheit währte bis zu dem Zeitpunkt, als nach Reisen durch Westaustralien vermehrt über schwarze Schwäne berichtet wurde. Danach war sie dahin.
In jedem Seminar zum Thema „Risikomanagement“ oder „Entscheidungsfindung“ das ich gehalten haben, ist der „schwarze Schwan“ zwar Thema, aber meist konzentrieren sich die Teilnehmer auf Risikopotentiale mit einer gewissen Offensichtlichkeit. Es dreht sich für sie hauptsächlich um Themen die ihr Tagesgeschäft betreffen. Dies ist sicherlich relevant und ihrem Blickwinkel auf das Unternehmen und dessen Umfeld geschuldet, zeigt aber auch die wahrgenommene Bedeutung schwarzer Schwäne im Unternehmensalltag. Man gewinnt den Eindruck, dass das Vorhandensein dieser unvorhersehbaren bzw. unerwarteten Ereignisse gewissermaßen selbst ein schwarzer Schwan ist. Es schwingt das Gefühl von Seltenheit mit.
Nun, spätestens die Jahre 2020 bis 2022 sollten uns eines besseren belehrt haben. Zuerst hat die Corona-Pandemie die Wirtschaft auf eine harte Probe gestellt. Niemals hätten wir beispielsweise vermutet, dass man uns mit einer Ausgangssperre von unserer Arbeitsstätte fernhalten könnte oder das Fehl- und Ausfallzeiten aufgrund gesetzlich verordneter Quarantäne in die Höhe schnellen. Auch das wochenlange Sperren von Häfen in Teilen der Welt hatten so sicher die wenigsten auf dem Schirm.
Vom Pandemiemodus sind wir sozusagen nahtlos in den Kriegsmodus gewechselt. Sichere Lieferketten und Bezugswege sind auf einmal versperrt oder zumindest von Sperrung bedroht. Ehemals verlässliche Geschäftspartner stehen auf Sanktionslisten und ganze Regionen brechen als Absatzmärkte weg.
Der Charakter schwarzer Schwäne ist aber nicht Seltenheit sondern Unvorhersehbarkeit. Daraus resultieren zwei wesentliche Schlussfolgerungen.
- Zu versuchen schwarze Schwäne vorherzusehen ist per Definition zum Scheitern verurteilt.
- Wir sollten uns unserer „Gewissheiten“ nicht zu sicher sein. Sie können von heute auf morgen ad absurdum geführt werden.
Die Herausforderung ist in dieser Zeit also nicht maximalen Aufwand zur Vorhersage schwarzer Schwäne zu betreiben, sondern unsere Organisationen so robust wie möglich zu bauen. So können Sie die negativen Folgen schwarzer Schwäne überstehen und die positiven (ja, auch die gibt es) bestmöglich nutzen.
Wer sein Unternehmen robuster machen möchte sollte Wert legen auf folgende sechs Faktoren:
- fortlaufende Identifikation von Chancen und Ausrichtung auf neue Ziele
- Förderung des Gestaltungs- und Weiterentwicklungswillens aller Mitarbeiter
- solide Finanzierung mit kurzfristiger Liquidität, Kapitalpuffer und langfristige Finanzierungsstrategie unter Berücksichtigung der Risikotragfähigkeit
- flexible kundenorientierte Organisation, die Spielraum bietet für die Anpassung an neue Ziele und Entwicklungsrichtungen
- Kooperation in Netzwerken statt Konkurrenzdenken
- klare Daten- und Digitalisierungsstrategie zur Rationalisierung und Skalierbarkeit