Aktivitätsfehler (action bias)

Ihr kennt das sicher! Man hat es eilig und genau dann ist jede Ampel rot, gefühlt jede zweite Straße gesperrt und überhaupt sind viel mehr Autos auf der Straße als eigentlich üblich. An der nächsten roten Ampel mit veritablem Stau reicht es Dir. Du scherst aus der endlosen Reihe sich anstellender Autos aus und nimmst einen anderen Weg. Ob der kürzer ist? Keine Ahnung! Ob Du schneller ans Ziel kommst? Keinen Schimmer! Hauptsache Du fährst und stehst mit Deinem Auto nicht sinnlos auf der Straße herum. 

Tief in uns drin setzen wir Aktivität mit Fortschritt, Handlung mit Vorwärtskommen und Abwarten mit Stillstand gleich. Es liegt uns nicht im Blut, die Hände in den Schoss zu legen und uns die Situation in Ruhe anzuschauen. Als Jäger und Sammler waren unsere “Situationen” überschaubarer. Wenn der Säbelzahntiger im Blickfeld auftauchte, dann war rennen angesagt. Auf eine gründliche Analyse konnte guten Gewissens verzichtet werden. Aus evolutionärer Sicht ist das noch nicht lang her und wir verhalten uns noch immer so.

Die heutige Zeit ist aber komplexer und oftmals ist die Lösung nicht so einfach zu erkennen wie in unserer Vorzeit. Besonders trifft uns dieser Aktivitätsfehler (Action bias), wenn wir noch gar nicht so richtig wissen, was eigentlich auf uns zu kommt. In diesen unklaren und widersprüchlichen Situationen neigen wir dann zum vorschnellen Handeln. Schließlich wollen wir dann ja auch nicht dumm dastehen, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist und wir währenddessen nur “die Situation analysiert” haben. Das führt oft zu: 

Kurz um, Abwarten und die Situation sich entwickeln zu lassen, wäre die bessere Wahl gewesen. Dann hätte wir ein besseres Bild von der Lage erhalten, mehr Informationen zu Verfügung gehabt und unsere Aktivität besser auf das Problem abstellen können. Aber zu unserem Glück lässt sich oft im Nachgang nicht mehr so leicht feststellen ob Abwarten die bessere Strategie gewesen wäre. Und vielleicht hat sich die Situation auch zu unserem Vorteil entwickelt. Ob unsere Aktivität etwas damit zu tun hatte, ist nicht mehr feststellbar. So können wir uns prima auf die Schulter klopfen und uns weiter für unsere Entschlossenheit feiern.